Wie ist Finanzmarkt-Kapitalismus zu definieren?
Der Begriff Finanzmarkt-Kapitalismus geht auf den Soziologen Paul Windolf zurück und beschreibt eine Spielart des Kapitalismus, die sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend durchgesetzt hat. Der Begriff spiegelt die enorme Macht wider, die Investmentfonds, Aktienmärkte und Finanzinvestor*innen auf unser Wirtschaftssystem und den Planeten haben.
Im Finanzmarkt-Kapitalismus werden Investment-Fonds zu den neuen Eigentümer*innen von Unternehmen und haben maßgeblichen Einfluss auf strategische und wirtschaftliche Entscheidungen, oft auch gegen den Willen der Vorstände und des Managements. So gehören inzwischen zwanzig Fonds 40 Prozent der Aktien an den 1.000 größten US-Unternehmen.
Wohlstand entsteht im Finanzmarkt-Kapitalismus vor allem aus Spekulation und dem Bewegen von Kapital und weniger aus Wertschöpfung im eigentlichen Sinn. Das hat unter anderem eine Verschärfung der globalen, aber auch innergesellschaftlichen Ungleichheit zur Folge.
Um differenzierter über die mit Abstand mächtigsten Wirkkräfte in unserer Wirtschaft zu sprechen, raten wir dazu, den Begriff Finanzmarkt-Kapitalismus zu verwenden. Ihn als dominierendes wirtschaftliches Betriebssystem zu überwinden und eine menschenzentrierte, gerechte und klimafreundliche Form des Wirtschaftens zu entwickeln, sehen wir als eine der großen Aufgaben des 21. Jahrhunderts.